Mein Update der Wahlprognose 2021 – aktuelle Entwicklungen

Wie „versprochen“ aktualisiere ich bei wichtigen Anlässen meine Wahlprognose vom 16. April. Infratest dimap hat am 6.5. eine neue Umfrage veröffentlicht[1]. Das sind die ersten Daten von Infratest nach den Nominierungen von Annalena Baerbock und Armin Laschet. Grund genug, die neuen Trends aufzuzeigen. Andere Institute hatten zuvor schon deutliche Verschiebungen gemeldet. Um eine Konsistenz in den Daten zu haben, werde ich weiterhin in meinen Charts nur die Daten von Infratest dimap verwenden, interessante Informationen von anderen Quellen aber einfügen. Auch dieses Mal nutze ich die Chartanalyse, um Trends abzuleiten bzw. zu kommentieren.

Grüne überholen Union erstmals deutlich

Das Update für alle derzeit im Bundestag vertretenen Parteien sehen Sie im ersten Chart. Das Highlight der Umfrage ist, dass die Grünen die Union in der Wählergunst – wie schon zweimal zuvor im Juni und Juli 2019 – überholt haben, siehe roter Kreis, aber zum ersten Mal mit drei Prozentpunkten (2019 jeweils ein Prozentpunkt).

In der folgenden Tabelle können Sie die Prognose aus meinem ersten Artikel sehen, ergänzt um die letzten Umfragen. Die „auffälligen“ Werte, die derzeit außerhalb meines Prognosekorridors liegen, habe ich rot markiert.

 MinimaMaxima Durchschnitt16. Apr06. Mai
CDU/CSU252826,52823
Grüne2226242126
SPD141715,51514
FDP1012111111
Linke67,56,7576
AfD8119,51112
Sonstige46578
Prognose-Korridor und Mittelwerte, aktuelle Daten, rote Werte außerhalb des Korridors

Der tiefe Fall der Union

Die Union fällt, verglichen mit der Umfrage vom 16.4., um 5 Prozentpunkte (PP) auf 23 Prozent. Der Ausgangswert von 28 Prozent stammt aus einer Umfrage, bevor das „Gerangel“ um den Kanzlerkandidaten der Union sich noch mal verschärfte. Insofern zeigt sich in den Daten vom 6.5. neben der aktuell geringen Popularität von Armin Laschet vermutlich auch ein Abstrafen für das Zustandekommen der Kandidatennominierung – und veränderte Einschätzungen der Wähler*innen zu politischen Themen.

Im Chart habe ich die letzten beiden Werte der Union weiß markiert und den steilen Fall der Union wieder mit einer gelben Geraden kenntlich gemacht. Wenn man auf die beiden rechten Kreise schaut, erkennt man mit der Chartanalysen-Brille, dass die Union am 16.4. an der (blauen) linearen Trendgeraden „abgeprallt“ ist und danach – so wie man das in der Chartanalyse nach diesem „Verkaufssignal“ erwarten würde – nach unten deutlich abrutschte. Das Dramatische ist, dass zugleich sogar die historischen Tiefstwerte von 25 Prozent – grüne Gerade – nach unten durchbrochen wurden. Das kann ein weiteres „Verkaufssignal“ sein. Wenn die Union jetzt den Turnaround nicht schafft, droht ein Absacken in Richtung der ockerfarbenen Linie, die ich schon als Worst-Case-Szenario für die Union im ersten Post meiner Wahlprognose beschrieben hatte.

Wählerwanderung der CDU-Verluste

Es gibt derzeit keine Analyse der Wählerwanderung – also eine Analyse, zu welchen Parteien die fünf Prozentpunkte Verlust der Union gewechselt sein könnten. Ich vermute, dass ein größerer Teil – wie schon bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz – in Richtung Grüne abgewandert ist. Daneben dürfte der Zuwachs bei der AfD und bei den Freien Wählern (die drei Prozentpunkte bei den Sonstigen ausmachen) auch aus dem Unions-Lager kommen.

Die Grünen an einer entscheidenden Marke

Die Grünen sieht Infratest dimap bei 26 Prozent, bei Forsa sogar bei 28 Prozent[2]. Die 26 Prozent sind noch nicht „auffällig“ da noch innerhalb meines Prognosekorridors. Aber dennoch sehr außergewöhnlich, weil ein Zuwachs von 5 PP selten ist (wieder eine gelbe Gerade). Aus Sicht der Chartanalyse haben die Grünen den linearen Trend (graue Gerade) nach oben deutlich verlassen und die bisherigen Höchstmarken von 26 Prozent erreicht. In den nächsten Wochen wird sich zeigen,

  • ob die Grünen diese Marke halten können,
  • vielleicht wie schon im Sommer 2019 die Grünen an der roten 26-Prozentgeraden nach unten abprallen (rote Kreise)
  • oder sie sogar zu neuen Höchstwerten aufbrechen, wenn sie die rote Gerade nachhaltig nach oben durchbrechen sollten – dies entspräche dann einem Kaufsignal an der Börse.

Weitere Entwicklungen

In der Tabelle gibt es drei weitere „Auffälligkeiten“:

  • Die AfD hat mit 12 Prozent den bisherigen, relativ stabilen Korridor nach oben verlassen. Auch hier bleibt abzuwarten, ob das ein Einmaleffekt ist oder einen Trend nach oben einläutet.
  • Die sonstigen Parteien liegen bei 8 Prozent, damit ist die Regierungsmehrheit bei 46 Prozent.
  • In den 8 Prozent „Sonstige“ kommen 3 Prozentpunkte von den Freien Wählern. Wenn die Erosion der Union weitergeht, könnten die Freien Wähler noch Chancen haben, in den nächsten Bundestag einzuziehen.


Bei den möglichen Koalitionen bleibt es bei den beschriebenen 5 Optionen, allerdings „kratzt“ jetzt auch Grün, Rot, Rot an einer möglichen Mehrheit, weil der Zuwachs bei den Grünen um 5 Prozentpunkte den Verlust von SPD und Linke mit jeweils einem PP überkompensieren konnte. Zusammen erreichen die drei Parteien in der aktuellen Umfrage genau 46 Prozent.

Meine Prognose bleibt – unter Beobachtung

Meine Prognose werde ich (noch) nicht anpassen, sondern beobachten, welche Entwicklungen sich insbesondere bei Union und Grünen einstellen.

Ich hoffe, Sie finden das Experiment, das Thema aus einer einfachen Chartanalysenperspektive zu betrachten, genauso informativ wie ich. Vielen Dank für die vielen, sehr positiven, Rückmeldungen bisher. Ich freue mich auf weiteres Feedback.

Ihr Klaus Peren


[1] Hier geht des zu den aktuellen Daten https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/sonntagsfrage/

[2] Eine gute Übersicht über die aktuellen Umfragen andere Institute finden Sie hier https://www.wahlrecht.de/umfragen/

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