Der Wahltermin rückt immer näher. Die aktuellen Zahlen von infratest dimap zeigen[1], wie andere Forschungsinstitute kurz zuvor, wie dynamisch die Stimmung unter den Wähler*innen ist. Der Aufwind der SPD ist enorm, gleichfalls die „Abstürze“ von Union und Grünen. (In meinem Blog gibt es mittlerweile aktuellere Beiträge zu dem Thema, die Sie über die Suchfunktion mit dem Stichwort „Bundestagswahl“ finden können)
Im ersten Chart sind die Zufriedenheitswerte der o. g. Parteien für diese und die vergangene Legislaturperiode aus Datenreihen von Infratest dimap abgebildet. Die SPD hat die Grünen mittlerweile deutlich überholt und die Union ist in Sichtweite.
SPD: bester Wert seit Januar 2018 und wieder zweitstärkste Partei
Olaf Scholz zieht seine Partei weiter nach oben. Der Aufwärtstrend ist beachtlich, ähnlich steil wie in der Aufbruchstimmung unter Martin Schulz – vgl. gelbe Gerade. In den vergangenen Umfragen konnten sich die Sozialdemokraten von ihrem mittelfristigen Abwärtstrend (linear SPD) weit absetzen (ab weißem Kreis) und mit 21 Prozent haben sie einen Umfragewert erreicht, der zuletzt am 4.1.2018 in den Büchern stand.
Aus Chartsicht spricht das nachhaltige Durchbrechen der 17-Prozent-Linie (grüne Gerade) dafür, dass sich jetzt ein belastbarer Aufwärtstrend ausgebildet hat. Daneben wurden die Grünen überholt und die SPD ist erstmals seit dem 20.9.2018 wieder zweitstärkste Partei. Der Abstand zur Union beträgt nur noch 2 Prozentpunkte – (im September 2019 waren es 11 Prozentpunkte).
Union wie ein angeschlagener Boxer
Armin Laschet verliert in der Zustimmung weiter und er reißt die Union tiefer nach unten. Mit 23 Prozent hat sie den historischen Tiefstwert vom 6. Mai wieder erreicht (gelber Kreis)) und dabei die Unterstützungslinie von 25 Prozent erneut unterschritten (roter Kreis, Verkaufssignal). Jetzt droht der weitere Absturz in Richtung der gelben Geraden, die relative Tiefwerte der vergangenen fast 8 Jahre verbindet.
Markus Söder gibt weiterhin gute Ratschläge aus Bayern und destabilisiert die Union und erste Hinterbänkler fordern Herrn Laschet zum Rückzug auf. Für mich wirkt die Union wie ein angeschlagener Boxer. Ein weiterer Wirkungstreffer könnte den KO bedeuten, – die SPD überholte dann auch die Union.
Grüne weiterhin im Abwärtssog
Die Grünen haben mittlerweile die gelbe Gerade nach unten durchbrochen, die relative Minima verbindet. An der Börse wäre auch das ein Verkaufssignal. Mit 17 Prozent Zustimmung ist die Partei weit weg von den 26 Prozent-Höchstwerten. Ich sehe aktuell keine Impulse, die für eine Trendumkehr sprechen würden.
Nur noch 4 Koalitionsoptionen
Auf Basis der aktuellen Umfragewerte gibt es verglichen mit meinem letzten Post zur Bundestagswahl nur noch 4 realistische Koalitionsoptionen. Alles Dreierbündnisse. Das zuletzt noch mögliche Zweier-Bündnis aus Union und Grünen ist nun hinter einer Regierungsmehrheit.
Der aktuelle Trend spricht für die SPD und Olaf Scholz
Die SPD kann den Kanzler stellen. Der Aufwärtstrend ist stabil und die Union nicht mehr weit weg. Auf Basis der letzten Umfrage war ein Kanzler Olaf Scholz nur über eine Ampelkoalition möglich. Hierzu bräuchte es die FDP, die zwar mit der Union liebäugelt, aber Herr Lindner hat einer Ampel auch keine Absage erteilt. Die Ampel ist weiterhin eine Option. Mittlerweile kann die SPD auch stärkste Partei werden. Weil die Grünen in dem Fall sicherlich nicht in ein Jamaikabündnis (ohne SPD) eintreten würden, würde das Olaf Scholz zum Kanzler machen. Wer hätte das vor Kurzem noch gedacht?
Die Dynamik in den Umfragen kann aber auch zu Umkehreffekten führen. Eine Analyse der Bundestagswahl von 2017 zeigte, dass sich gut die Hälfte der Wähler*innen in den letzten 6 Wochen vor der Wahl noch mindestens einmal umentschieden haben[2]. Daher: Die Vorwahlphase bleibt spannend. Aktuell zeigt der Trend allerdings klar in Richtung SPD und gegen Union und Grüne.
Ein Update dieses Artikels vom 25.8.: Bei Forsa hat die SPD die Union sogar schon überholt, erstmals seit fast 15 Jahren liegen die Sozialdemokraten wieder vorne. In dem verlinkten Artikel der Zeit finden Sie die aktuellen Zahlen und auch die Erwähnung der 4 Koalitionsoptionen von oben. Neben den 4 genannten Dreierbündnissen hätte mit den Zahlen auch Rot-Rot-Grün eine knappe Regierungsmehrheit.
[1] https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/sonntagsfrage/
[2] https://yougov.de/news/2017/11/21/die-flexiblen-wahler-der-bundestagswahl-2017/