Chatbots im Recruiting – Chancen und Herausforderungen

Gastbeitrag von Frank Rechsteiner, Haufe

Qualifizierte Mitarbeiter sind gefragt, sie zu finden ist jedoch mitunter knifflig. Um High Potentials reißen sich Unternehmen und sie wählen den für sie besten Arbeitgeber. Eine reibungslose, schnelle und zielgerichtete Kommunikation während des Recruiting-Prozesses macht Unternehmen attraktiv, kostet allerdings auch viel Zeit. Viele offene Fragen lassen sich standardisiert beantworten, insbesondere zu Beginn des Auswahlprocederes. Heute übernehmen diesen Job vielfach Chatbots. Wie sich die digitalen Kommunikationssysteme wirkungsvoll nutzen lassen, ist Thema dieses Beitrags.

Eine kurze Geschichte der Chatbots im Recruiting

Vor allem im Kundenservice sind Chatbots heute üblich: Sie beantworten Standardfragen oder verweisen auf den weiterführenden Kontakt zu einem Mitarbeiter, der sich komplexeren Antworten widmet. Auch Spracherkennungssysteme wie Amazon Alexa oder Google Assistant basieren auf ein Chatbot-System.

Hinter den heute so intelligent wirkenden virtuellen Assistenten steckt eine lange Geschichte. Den ersten Chatbot entwickelte der Informatiker Joseph Weizenbaum im Jahr 1960. Das Kommunikationsprogramm ELIZA war in der Lage, die Rollen verschiedener Gesprächspartner einzunehmen und gilt bis heute als Meilenstein für die Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI). So reagierte ELIZA auf bestimmte Schlüsselbegriffe und stellte entsprechende Rückfragen.

Das Prinzip perfektionieren moderne Chatbot-Systeme. Viele digitale Kommunikations-Tools basieren heute auf ChatGPT. Das 2021 ins Leben gerufene Sprachmodell bringt Texte hervor, die sich auf den ersten Blick kaum von echter menschlicher Sprache unterscheiden.

Dass die Systeme im Recruiting wertvolle Zeit und Ressourcen sparen sowie die Qualität der Kommunikation deutlich verbessern können, spricht sich immer mehr herum. So fand eine Studie der Universität Bamberg bereits 2020 heraus, dass neun von zehn IT-Unternehmen erwarten, Chatbots im Recruiting zukünftig vermehrt einzusetzen. Das dürfte im Sinne der Bewerber sein: Rund 40 Prozent von ihnen gaben in derselben Befragung an, dass sie durch HR-Chatbots einen schnelleren und einfacheren Bearbeitungsprozess erwarten.

Welche Vorteile haben HR-Chatbots?

Personalabteilungen setzen Chatbots überwiegend in Form eines Chat-Fensters auf dem Bewerbungsportal ein, Spracherkennungssysteme sind (noch) selten. Hinter dem optisch unscheinbaren Tool steht eine umfangreiche Datenbank, aus der anhand von Schlüsselbegriffen und -sätzen Informationen in natürlicher Sprache ausgegeben werden. Richten potenzielle neue Mitarbeiter Fragen an das System, erhalten sie eine schnelle und qualifizierte Antwort. Offene Fragen auf diesem kurzen Weg zu klären, hat zahlreiche Vorteile:

  • Es verbessert die User-Experience,
  • kann das Vertrauen des Bewerbers in das Unternehmen stärken,
  • minimiert den Aufwand für die Beantwortung wiederkehrender Standardfragen und
  • entlastet die Personalabteilung.

Für HR-Mitarbeiter werden durch den Einsatz von Chatbots wertvolle Ressourcen für den weiteren Bewerbungsprozess frei. Auch für Bewerber bieten die permanent erreichbaren Antwort-Assistenten Pluspunkte: Kandidaten warten nicht Stunden oder gar Tage auf eine Antwort – und beide Seiten sparen sich mitunter den Aufwand, wenn sich nach kurzen einfachen Fragen herausstellt, dass Kandidat und Stelle doch nicht zueinander passen.

Die Akzeptanz von Chatbots und die Grenzen ihrer Einsatzbereiche

Noch sind Chatbots im HR-Bereich ein vergleichsweise neues Phänomen. Doch setzt es sich tatsächlich durch, wie es Studien wie die der Universität Bamberg 2020 nahelegten?

Fest steht: Der Betrieb eines optimal funktionierenden, von den Usern akzeptierten Chatbots ist aufwendig. Das System will mit großen Mengen Informationen gefüttert werden, sowohl solchen, die den Bewerbungsprozess betreffen, als auch den von den Eigenarten menschlicher Sprache – und die Antworten sollten nicht zuletzt zur Außenwirkung des Unternehmens passen. Das erfordert immense Ressourcen. Der Aufwand lohnt sich im Allgemeinen nur für große Mengen An- und Rückfragen. Bevor Chatbots im HR eingeführt werden, ist es daher ratsam, einen kritischen Blick auf Visits, Klickzahlen und die Anzahl von Rückfragen auf Stellenanzeigen zu werfen.

Und obwohl es sich bei modernen Chatbots um lernende Systeme handelt, deren Funktionsumfang sich bei jeder Anfrage verbessert, stoßen sie früher oder später an ihre Grenzen. So endet ihr Verständnis meist schon bei der Verwendung von Dialekt und spätestens, wenn es um sehr spezifische Fragestellungen und emotionale Belange geht.

Bild erstellt von DALL·E
Zukunftsvision Jobinterview mit Roboter? Bild erstellt von DALL·E


Persönlicher Kontakt bleibt unverzichtbar

Die persönliche Interaktion zwischen HR und Bewerbern ist weiterhin wesentlich für erfolgreiches Recruiting. Tipp: Wie sich neue Formen des Recruitings erfolgreich einsetzen lassen, beschreibt Frank Rechsteiner in diesem Ratgeber. Chatbots dienen dabei als smarte Assistenten, die einfache Anfragen abfedern und die Antwortzeit von Standardkontakten optimieren. So bleibt für Personaler mehr Zeit für einen individuellen Onboarding-Prozess – und der ist wiederum Voraussetzung für die Akquise der besten Köpfe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert